Die Landesregierung Sachsen will es, die Gemeinde Wiedemar berät sich, wir klären auf: Warum das Industriegebiet Wiedemar mit seiner Planung durchfällt.
- Flächennutzung: Landwirtschaft wird Industrie!
- Regionalplanänderung
- Wunschvorstellung „Arbeitsplätze“
- Kostenrisiko
- Wasserverbrauch im Industriegebiet
- Nachtbetrieb
- Verkehr & Abgase
- Zusätzlicher Flächenverbrauch
- Steuereinnahmen in der Realität
- Standortprobleme in Wiedemar
- Kritische Infrastruktur: Landwirtschaft!
- Industrie statt Landwirtschaft
- Mangel an Fachkräften
- Nähe zu Schutzgebieten
- Klimakrise
Flächennutzung: Landwirtschaft wird Industrie!
Die Kommunen können über ihre Bauleitplanung selbst bestimmen, müssen sich aber im Rahmen der übergeordneten Vorgaben des Regionalplanes bewegen. Sie legen darum in Flächennutzungsplänen ihre künftige Entwicklung fest, die sich in der Regel an der Eigenentwicklung orientiert. Hier wird festgeschrieben, wo sich u. a. Siedlungen, Gewerbe-, Verkehrs-, Grünflächen und eben auch Landwirtschaft befindet.
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Regionalplanänderung
Im Regionalplan Leipzig-Westsachsen wird für die Landkreise Nordsachsen und Leipzig sowie für die Stadt Leipzig der verbindliche Rahmen für deren räumliche Ordnung und Entwicklung festgelegt. Ziel ist, dass sich die unterschiedlichen Potenziale der Region wirtschaftlich entfalten und unsere natürlichen Lebensgrundlagen dauerhaft gesichert werden. Dabei konkurrieren die einzelnen Raumnutzungen meist wirtschaftlich, sozial und ökologisch miteinander. Im Regionalplan sollen diese dabei nachhaltig ausgeglichen werden.
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Wunschvorstellung „Arbeitsplätze“
Die Schaffung neuer Arbeitsplätze scheint auf den ersten Blick ein Vorteil für die Gemeinde zu sein … aber viele Arbeitsplätze bedeuten laut der Berlin-Brandenburg-Studie (betrifft die Tesla-Fabrik) auch enorme Folgeeffekte. Bei einem sog. Turnover-Effekt wandern viele der bislang bei regionalen Unternehmen angestellten Frauen und Männer ab und wechseln zur Großindustrie. Grund hierfür ist oft das bessere Gehalt. In der Folge müssen bereits vorhandene Stellen in der Region dann neu besetzt werden – und dies bei einem jetzt schon gravierenden Mangel an Fachkräften.
Wir prophezeien daher zu Recht: Die vielen zukunftsfähigen Arbeiter bleiben wohl eher ein Traum!
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Kostenrisiko
Unter Berücksichtigung des Verfassungsauftrags „gleichwertige Lebensverhältnisse“ zu schaffen, sind laut einer Studie des IW dünn besiedelte Gebiete und dort ansässige Unternehmen (u.a. auch Familienunternehmen) für den Wirtschaftsstandort Deutschland politisch zu würdigen. Zuzügler erhofft man sich hier beim Industriegebiet Wiedemar u.a. für die Kaufkraft. Aber: Die Attraktivität von ländlichen Räumen für Zuzügler ist stark gemindert! Dies liegt vor allem an dem geringen Bestand an Einrichtungen zur Gesundheits- und Daseinsvorsorge oder Bildungseinrichtungen, Einkaufsmöglichkeiten und Verkehrsnetze. Hier müsste man entsprechend reagieren und wiederum Geld in die Hand nehmen, um alles für die Flut an Menschen möglich zu machen. Ein Riesen-Projekt, das uns viel Geld kosten wird.
Wir fragen uns: Steht der mögliche Geldsegen dann noch im Verhältnis zu den Kosten, die vorher auf den Steuerzahler und die Gemeinde zukommen?
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Wasserverbrauch im Industriegebiet
Die Planer des Industriegebietes Wiedemar legen den Verbrauch im Bebauungsplan auf 13,87 Milliarden Liter Trinkwasser pro Jahr fest. Damit könnten 300.000 Menschen ein ganzes Jahr lang versorgt werden! Auf Sachsen.de ist von der stärksten Dürre seit 100 Jahren die Rede und Zdf berichtet zum selben Thema, dass die unteren Bodenschichten weiterhin trockener sind als normalerweise.
Die massive Versiegelung durch das Industriegebiet führt zur Aufheizung der Region sodass diese Flächen im Sommer nicht zur Kühlung der Luft beitragen und somit auch als Standort für Bepflanzungen ungeeignet sind. Folglich wird es noch weniger Niederschläge geben und wenn dann wiederum Starkregen fällt, trifft dieser auf den enorm ausgetrockneten Boden, der seine Saugfunktion verloren hat – daher kann es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Hochwasserereignissen kommen. In 2002 und 2013 war dies in der Region schon der Fall und wird uns laut unserem Bürgermeister Hr. Ganzer auch weiterhin als Problem begleiten. Industriegebiet Wiedemar hin oder her.
Die ARD tagesthemen vom 27.08.22 zeigten auf, wie stark der Osten Deutschlands und damit auch unsere Region jetzt schon betroffen ist und Wasser rationiert werden muss. Während das Klima verrückt spielt, wird hier andererseits an der Planung dieses Riesen-Industriegebiets festgehalten. Wir sagen:
Wir sagen: Was zu viel ist, ist zu viel!
Nachtbetrieb
Was bedeutet ein Industriegebiet internationaler Größenordnung für das Leben auf dem Land? Arbeit, die nie ruht. 365 Tage im Jahr, 24 Stunden am Tag. Eine Produktion, die neben Lärm und Geruch auch permanent leuchten wird. Tag und Nacht. Lichtverschmutzung nennt sich das.
Wir sagen: Die Welt strahlt hell genug. Wir brauchen keine internationale Großansiedlung, die unsere Dörfer mit einer weiteren grellen Lichtwand umzäunt. Wir wollen weiter den Sternenhimmel sehen.
Verkehr & Abgase
Der Verkehr zum Industriegebiet Wiedemar rollt mangels Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel durch Wiedemars Ortschaften.
Wie viele Pendler (bei einer Arbeitnehmerzahl von ca. 16.500 Menschen) täglich an- und abreisen werden müssen, können sich viele Bürger kaum vorstellen! Realistische Berechnungen ergeben eine maximale Zahl an Fahrzeugbewegungen von 44.000 Fahrzeugen TÄGLICH. Hierzu Vergleiche zu finden, ist denkbar schwierig. Mögliche Lieferketten zu Abnehmern der hergestellten Hochtechnologie-Produkte (z.B. Porsche oder BMW) sind zudem noch gar nicht einkalkuliert. Verbindungen zum Flughafen Leipzig/Halle fehlen ebenso.
Die kürzesten und damit günstigsten Routen führen u.a. über Zwochau, Grebehna und Wiedemar. Auch weil die B100 mit aktuell schon mit 15.000 Fahrzeugbewegungen täglich (pro Fahrtrichtung!) überlastet ist und Ausweichverkehr kein erfundenes Wort ist! Für die Anwohner auch weit über Zschernitz, Pohritzsch & Co. hinaus, würde das ein Verkehrschaos ungeahnten Ausmaßes nach sich ziehen, wenn Pendler aus verschiedenen Richtungen kämen und auch die Spediteure sich nicht vorschreiben lassen, wo sie entlang zu fahren haben. Es gibt kein schlüssiges Verkehrskonzept. Größe, Standortbedingungen, Notwendigkeit, Nachhaltigkeit und Verhältnismäßigkeit sind hier nicht nachvollziehbar.
Wir sagen für unsere Region: Landleben statt Industriegebiet!
Flächenverbrauch
Deutschland ist Weltmeister im Flächen versiegeln. Das geht aus einem Bericht des Nachrichtenmagazins Exakt vom 28.09.2022 hervor. Nirgendwo sonst auf der Welt werden jährlich mehr Flächen neu versiegelt. Knapp 400.000 m² Natur (Stand 2020) müssen täglich (z.B. für Industrieansiedlungen) weichen. Beim geplanten Industrievorsorgegebiet Wiedemar wird eine Fläche von bis zu 672 Fußballfeldern dem Erdboden gleichgemacht.
Nach dem Willen der Bundesregierung soll die Zerstörung von Natur und Umwelt bis 2030 ein Ende haben. Flächenkreislaufwirtschaft heißt das “Zauberwort” im Klimaschutzprogramm der Bundesregierung. In einer Stellungnahme des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft an unsere Bürgerinitiative vom 18. August 2022 heißt es: Ab 2030 dürfen keine neuen Flächen zerstört werden, um darauf bspw. ein Industriegebiet zu bauen. Ziel ist dagegen die Umnutzung schon versiegelter Flächen. Das Industrievorsorgegebiet Wiedemar steht massiv im Widerspruch zu diesem formulierten Ziel.
Wir sagen für unsere Region deshalb: Landleben statt Industriegebiet
Steuereinnahmen in der Realität
Die Gemeinde erhofft sich durch den Bau des Industriegebietes Wiedemar Grund- und Gewerbesteuer. Ob diese Rechnung aufgeht, ist fraglich – aber warum?
Fakt 1: Die Gemeinde Wiedemar nimmt durch Landwirtschaft und kleine sowie mittelständische Unternehmen bereits “zu viel” Geld ein. Und weil es uns deutlich besser geht als vielen anderen Gemeinden in Sachsen, zahlt Wiedemar bereits jetzt eine Kreisumlage in Millionenhöhe.
Fakt 2: Hinzu kommt, dass sich auf Plan-Flächen in der geplanten Größe von 4,1 Millionen Quadratmetern in der Regel internationale Großkonzerne ansiedeln. Große Unternehmen = viel Gewerbesteuer? Ein Trugschluss! Der Steuersatz bei Intel verringerte sich auf 0,5 statt 15%. Amazon beispielsweise, verschiebt seine Gewinne weiterhin in Steueroasen wie Luxemburg und zahlt daher hierzulande so gut wie gar keine Steuern! Und bei Tesla ist die Steuer-Problematik ebenso spannend.
Unser Fazit: Die Gemeinde sollte den Mittelstand stärken. Handwerksbetriebe, Landwirte und Kleinunternehmen sind häufig in der Region verwurzelt und zuverlässige Steuerzahler.
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Standortprobleme in Wiedemar
Die Standortbedingungen für Großindustrie sind am geplanten Ort, auf den Feldern zwischen Zschernitz, Pohritzsch, Zaasch und Storkwitz, alles andere als optimal!
Zum Vergleich: Intel hat in Magdeburg zwar keine direkte Bahnanbindung und keinen umliegenden Schallschutz, liegt dafür aber direkt an der Autobahn A14, ist mit 380 Hektar kleiner als das Industrievorsorgegebiet Wiedemar und hält mindestens 1,2 Kilometer Abstand zu den umliegenden Ortschaften.
Auch Tesla in Grünheide (bei Berlin) hält immerhin noch einen Abstand von 1 Kilometer. Die Gigafactory ist mit 300 Hektar kleiner als Intel (und damit auch deutlich kleiner als das geplante Industriegebiet Wiedemar) und es bestehen sowohl eine direkte Bahn- und Autobahnanbindung sowie ein natürlicher Schallschutz durch den umliegenden Wald.
All das hat Wiedemar nicht! Das Industrievorsorgegebiet Wiedemar liegt auf freiem Feld und ist nicht umgeben von schalldämpfender Natur. Gerade einmal ca. 200 und ca. 300 Meter trennten die nächsten Ortschaften Pohritzsch und Zschernitz, laut erster Planung, vom geplanten Industriegebiet. Aktuell seien es circa 500 Meter (Aussage des Bürgermeisters Steve Ganzer vom 8.12.22).
Eine direkte Autobahnanbindung existiert ebenfalls nicht; die nächste Auffahrt ist 7 Kilometer entfernt. Einen Gleisanschluss gibt es gar nicht. Dennoch wollen die Planer bis zu 410 (vormals 480) Hektar Fläche in Anspruch nehmen. Zum Vergleich: Die weltweit größte zusammenhängende Automobil-Fabrik – mit 650 Hektar – ist das Volkswagen-Werk in Wolfsburg.
Wir sagen: Mindestabstände inakzeptabel. Und die Auswahl des Standorts ist nicht nachvollziehbar! Er liegt maximal ungünstig und trifft die Anwohner im direkten Umfeld, aber auch viele Kilometer weiter!
Kritische Infrastruktur: Landwirtschaft!
Seit Jahrhunderten kann man den Landwirten in Wiedemar bei der Ernte zuschauen. Landwirtschaft prägt die Region, ernährt Menschen weit über die Grenzen Wiedemars hinaus. Auf bestem Ackerland entsteht Elementares: Unser aller Nahrungsmittel.
Industrie ist aus der heutigen Welt ebenfalls nicht wegzudenken. Aber: Genau wie Industrie hat auch Landwirtschaft ihre Daseinsberechtigung und gilt nunmehr als kritische Infrastruktur. Der Regionalplan sieht für unsere Region eine landwirtschaftliche Prägung vor. Mit dem Industrievorsorgegebiet Wiedemar wird diese Tatsache untergraben.
Wir sagen: Der Einsatz für den Erhalt der Landwirtschaft ist richtig und wichtig für uns alle!
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Unabhängigkeit? Fehlanzeige!
Das Thema Unabhängigkeit ist neben der Landwirtschaft auch mit Blick auf die Wunsch-Ansiedlung elementar. Die Gemeinde spricht von einer geplanten Ansiedlung aus dem “Hochtechnologie”-Bereich, also der Chip- und Batterieherstellung. Diese ist auf Rohstoffe wie z.B. Lithium angewiesen, die Deutschland importieren muss. Lithium als wichtiger Rohstoff für o.g. Technologie, ist sehr selten, endlich, gefährlich in der Gewinnung – dadurch natürlich auch teuer.
Für uns heißt das: Batterien zum Frühstück – Nein, Danke! Ein Umdenken ist längst überfällig.
In erster Linie sollten wir uns mit den wirklich wichtigen Rohstoffen versorgen können: Nahrungsmitteln. Auch da sind wir weit von echter Unabhängigkeit entfernt, müssen viele Lebensmittel importieren. Wie fragil diese Abhängigkeit ist, wird mit Blick auf wiederkehrende Versorgungsengpässe für alle beim Einkauf spürbar.
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Mangel an Fachkräften
Das Industrievorsorgegebiet Wiedemar ist mit 410 ha (vormals 480 ha) geplanter Fläche ein „Mammutprojekt“. Für unsere 5000-Einwohner-Gemeinde, kann dies nicht der richtige Weg sein. Hochtechnologie-Arbeitsplätze in einer ländlichen Region? Rund 16.500 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (40 Arbeitsplätze pro Hektar). Landwirtschaftliche Betriebe, Handwerk etc. funktionieren so gut, dass hier kaum Arbeitslosigkeit herrscht. Rund 6800 Arbeitslose gibt es im gesamten Raum Nordsachsen (Stand September 2022). Und der schon bestehende Fachkräftemangel wirft ebenso Bedenken für das Vorhaben, über 15.000 zukunftsfähige Arbeitsplätze hier nicht nur zu schaffen, sondern auch zu besetzen!
Entgegen des Nachhaltigkeits-Gedankens und entgegen den Zielstellungen der Bundes- und Landesregierung in Richtung Ökologie, Klimaschutz, Erhalt von Landwirtschaft, träumt die Wirtschaftsförderung hier auf unsere Kosten in unfassbar großem Ausmaß …
Wir sagen: das geplante Riesen-Industriegebiet steht den genannten Zielen im Wege!
Nähe zu Schutzgebieten
Nähe zu Schutzgebieten Geschützte Vogelarten wie der Rotmilan kreisen über Nordsachsen. Das zeigt die EU-Vogelschutz-Karte Agrarraum und Bergbaufolgelandschaft bei Delitzsch. Auch über dem geplanten Industriegebiet werden wiederkehrend geschützte Vogelarten (u.a. Zug- und Rastvögel) gesichtet.
Wir sprechen uns für den Tierschutz aus sowie für die Erhaltung eines notwendigen geschützten Lebensraums für seltene Tierarten in unserer Region – über markierte Kartengrenzen hinaus!
Klimakrise
Für natürliche Ressourcen gilt: Wachstum hat Grenzen. Das haben die Experten aus allen möglichen gesellschaftlichen Bereichen längst erkannt. Was heißt dies jedoch für unser Industrievorsorgegebiet in Wiedemar? Die angepriesene wachstumsstarke Hochtechnologie-Branche basiert auf Ressourcen wie Lithium, die nicht nur geopolitisch unsicher gewonnen werden, sondern auch endlich sind. Es ist bereits bekannt, dass die Rohstoffe für die Herstellung von E-Auto-Batterien beispielsweise nur noch wenige Jahre reichen. Das führt unweigerlich zu der Frage, wie nachhaltig Industrie in dieser Größenordnung überhaupt noch sein kann? Was braucht es in der Welt dringender … neue Fabriken? … oder endlich Versorgungssicherheit für unsere Familien und unsere Kinder? Der Nahrungsmittelbedarf auf der ganzen Welt wird sich bald verdoppeln – daher wird der Erhalt von landwirtschaftlichen Flächen umso wichtiger!
Ein weiteres Mal sagen wir daher: LANDLEBEN statt Industriegebiet!
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